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Sollte man bei Google AdWords auf die eigene Marke bieten oder nicht. Google sagt Ja. Viele Werbetreibende hingegen halten es für rausgeschmissenes Geld. Wir sind der Sache in einer eigenen Untersuchung auf den Grund gegangen.

 

Nachfolgend die Ergebnisse unserer Untersuchung zum Thema Brand Bidding. Dabei haben wir untersucht ob die Schaltung von AdWords Anzeigen auf die eigene Marke zu Synergieeffekten führt oder SEO Traffic kannibalisiert wird.

Thema der Brand Bidding Untersuchung

Online Marketeers und Werbetreibende stellen sich immer wieder die Frage ob das Schalten von SEA Anzeigen auf die eigene Marke einen Nutzen bringt und nicht nur unnötiges Budget kostet. Von Google hört man immer wieder, dass das Bieten auf die eigene Marke trotz Top 1 Platzierung in den organischen Suchergebnissen aus Branding Aspekten Sinn macht und dass dadurch das Vertrauen in die Marke wächst. Solche langfristigen Ziele konnten wir in unserer Untersuchung nicht belegen. Dafür ist das Thema zu komplex.

Eine kleine Anmerkung vorab:  I.d.R. bieten wir bei den meisten unserer Kunden nicht auf die eigenen Marken Begriffe bzw. Brands, wenn sie dort die ersten Positionen der organischen Suchergebnisse belegen. Es sei denn der Kunde wünscht dieses oder es schalten Konkurrenten AdWords Anzeigen darauf.

Was haben wir untersucht?

Wir haben uns bei der Auswertung  dieses Experiments auf die Auswirkung bezüglich kurzfristiger Kennziffern wie CTR, Conversionrate und Anzahl der Klicks beschränkt. Motivation für diese Untersuchung habe ich mir von einem Beitrag der Rimm Kaufman Group geholt.

Folgenden Fragen wollten wir auf den Grund gehen:

  1. Kannibalisieren Brand Anzeigen den organischen Traffic von Brand Keywords?
  2. Gibt es einen Zusammenhang zwischen der organischen CTR und AdWords Anzeigen?
  3. Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Conversionrate insgesamt und der Schaltung von Brand Anzeigen?
Vorab gesagt: Die dritte Frage lässt sich nur sehr vage beantworten, da zu viele Einflussfaktoren auf die Conversionrate einwirken.
Zu der zweiten Frage hatte Google bereits 2011 eine ähnliche Studie veröffentlicht, die besagt, dass eine Schaltung von AdWords Anzeigen die CTR der organischen Suchergebnisse positiv beeinfusst:
Das Ergebnis war gut für Google, aber wir wollten das noch einmal selbst unabhängig von Google untersuchen.

 

Wie haben wir die Daten erhoben?

Analog zur Untersuchung der Rimm Kaufman Group habe ich über einen Zeitraum von 6 Wochen 3 von uns betreute Kundenkonten beobachtet und im wöchentenlichen Rhythmus Brand Kampagnen aktiviert und deaktiviert. Danach habe ich die Auswirkungen der AdWords Anzeigen auf Gesamtzahl der generierten Klicks, CTR und Conversionrate  sowie auf die organischen Klicks, organische CTR und organische bzw. AdWords Conversionrate analysiert.

Dafür habe ich die Zahlen der AdWords Brand Anzeigengruppe und die in Google Analytics nach den Brand Begriffen segmentierten Traffic betrachtet.

Dazu sollte man noch erwähnen, dass auf die Marke von Domain 1 keine weiteren AdWords Anzeigen geschaltet wurden, bei Domain 2 drei bis vier weitere Anzeigen ausgeliefert wurden und bei Domain 3 ein Konkurrent auf die Marke AdWords geschaltet hat. In allen drei Fälle waren die Brand Anzeigen durchweg auf der ersten Anzeigenposition zu finden. Zudem wurden bei den Anzeigen die Ad Sitelinks genutzt, die zur Navigationshilfe in allen Fällen zu beliebten Kategorieseiten geführt haben.

Unter den untersuchten Domains waren zwei Online Shops und eine Website eines Dienstleisters.

Hier die Ergebnisse.

Die Ergebnisse der Brand Bidding Untersuchung

Auswertung Brand Bidding Gesamt

Wenn man sich die erste Tabelle „Brand Bidding Auswertung Gesamt“ ansieht, kann man noch keine wirklichen Erkenntnisse ableiten. Sie dient eher dazu einen Blick auf die Gesamtdaten zu bekommen. Man kann sehen, dass die Klickrate auf den AdWords Anzeigen im Schnitt bei 14,97 % und bei den organischen Suchergebnissen auf der ersten Position bei 45,09 % liegt. Bei der Website aus dem Dienstleistungsbereich ist die Dominanz des organischen Suchergebnisses bezüglich der CTR weitaus deutlicher als bei den beiden Online Shops. Das mag daran liegen, dass die Ad Sitelinks hier sehr viel präsenter waren und bei den Shops zur direkten Navigation auf Deeplinks genutzt wurden. Da allerdings das Verhalten der Suchenden bei Suchen nach der Marke von dem Verhalten bei anderen Suchanfragen abweicht, würde ich hier mit einer Pauschalisierung vorsichtig sein.

Die Conversionrate bei den AdWords Anzeigen lag im Durchschnitt bei 8,34% und über die organischen Listings bei 6,42 %. Bei den beiden Online Shops war die Conversionrate bei AdWords höher als bei den Besuchen über die organische Suche. Bei Domain 2 war die Conversionrate bei Besuchen über das organische Suchergebnis besser.

Interessanter wird es, wenn man sich die Ergebnisse für die Untersuchungsintervalle mit und ohne AdWords Anzeigen ansieht, wie in der Tabelle „Brand Bidding Auswertung nach Domain„.

Auswertung Brand Bidding nach Domain

Brand Bidding Auswertung nach Domain

Hier konnten wir keinen, wie von Google gerne argumentiert, positiven Effekt der AdWords Anzeigen auf z.B. CTR und Conversionrate feststellen. Interessanterweise ist es auch hier wieder die Domain 2, also die Website aus dem Dienstleistungsbereich, die verglichen mit den Online Shops Domain 1 und Domain 3 aus der Reihe tanzt. Hier kann man eine deutliche Verbesserung der Conversionrate und CTR bei der zusätzlichen Schaltung von AdWords Anzeigen auf die eigene Marke feststellen. Bei den beiden Online Shops ist insbesondere bei der CTR genau das Gegenteil zu erkennen, was ein erster Hinweis auf Kannibalisierung des Traffics sein kann, da die CTR der organischen Suchergebnisse bei Nichtschaltung der AdWords deutlich höher ist. Diese Feststellung wird noch weiter gestützt, wenn man in der Tabelle „Brand Bidding Auswertung im zeitlichen Verlauf“ sich die organischen Klickraten von Domain 1 und Domain 3 ansieht.

Brand Bidding Auswertung im zeitlichen Verlauf

Brand Bidding Auswertung im zeitlichen Verlauf

In den Untersuchungszyklen ohne AdWords steigt die organische CTR deutlich an. Im Nachfolgenden wollen wir die Ergebnisse unseres Experiments gemäß der Auswertung der Rimm Kaufmann Group ansehen und das Traffic Zunahme Verhältnis betrachten.

 

Brand Bidding Auswertung nach dem Rimm Kaufman Group Modell

Brand Bidding Auswertung nach Rimm Kaufman Modell

Brand Bidding Auswertung nach Rimm Kaufman Modell

Die Rimm Kaufman Group unterscheidet in Ihrem Experiment in Destructive Cannibalization, Constructive Cannibalization und Amplication.

  • Destructive Cannibalization:we flip on the ad and find that the overall traffic declines. For example:The ITR is the ratio of incremental traffic to measured ad traffic, which in this case is -200/400 = -50%This might also be referred to as “1 + 1 = 0.5″
  • Constructive Cannibalization:presence of the ad increases the overall traffic volume, but some of the traffic on the ad is ‘stolen’ from the organic listing, so the ad can’t take credit for all of the traffic it sees, only the incremental traffic driven. For example:Pretty clearly, Constructive Cannibalization can range from one edge case we’ll call No Cannibalization whereby 100% of the traffic on the ad is incremental, to the other edge case of Perfect Cannibalization where the presence of the ad doesn’t destroy traffic, but doesn’t increase it either. In the language of ITR, Constructive Cannibalization exists when the ITR is between 0% and 100%.Clearly, somewhere in the Constructive Cannibalization ITR range from 0% to 100% the advertising spend on brand ads likely shifts from a negative ROI to a positive ROI.
  • Amplication:The traffic through the sponsored link is 100% incremental AND the ad is responsible for increasing the traffic on the organic link as well. For example:The best of all scenarios, the ad creates more love all around.When ITR is greater than 100%, an ad is having more positive impact than what is readily apparent.Many folks with an agenda conflate Constructive Cannibalization with Amplification, using the fact of incremental value greater than 0 to imply that 1 + 1 = 3. Amplification may exist in some instances, but the existence of incremental overall traffic doesn’t imply amplification.

In unserem Experiment konnten wir bei allen drei Domains den Fall der konstruktiven Kannibalisierung feststellen. Bei den beiden Online Shops mehr bei der Dienstleister Website weniger.

Fazit

Mit Pauschalisierungen aufgrund solcher Experimente mit doch überschaubarer Datenbasis bin ich immer vorsichtig, aber bezogen auf die vorliegenden Fälle kann man schon, wie ich denke, Aussagen treffen.

Die Auswertung nach dem zunehmenden Traffic-Verhältnis finde ich persönlich nicht die beste Variante und würde eher eine Schlussfolgerung aus der Betrachtung der Veränderungen der Klickraten ziehen.

Die deutlichen Veränderungen bei den Klickraten beim Verzicht auf  Brand Bidding geben wie ich finde ein deutliches Bild ab. Nämlich, dass es auf jeden Fall zu Kannibaliserung von SEO Traffic im Fall von Brand Bidding auf die eigene Marke kommt.

Bei hohem Konkurrenzdruck auf die eigenen Marken-Keywords, wie es bei Domain 2 der Fall ist, konnten wir positive Effekte für das organische Suchergebnis feststellen, insbesondere was die CTR angeht. Das war bei den schwach oder gar nicht umkämpften Marken-Keywords nicht der Fall.

Wir werden das Ganze noch weiter beobachten und werden ggf. unsere Brand Bidding Aktivitäten für die von uns betreuten AdWords Kampagnen anpassen.

Zu Olaf Kopp

Olaf Kopp ist Online-Marketing-Experte mit mehr als 15 Jahren Erfahrung in Google Ads, SEO und Content Marketing. Olaf Kopp ist Co-Founder, Chief Business Development Officer (CBDO) und Head of SEO bei der Online Marketing Agentur Aufgesang GmbH. Er ist international anerkannter Branchenexperte für semantische SEO, E-E-A-T, KI- und Suchmaschinen-Technologie, Content-Marketing und Customer Journey Management. Als Autor schreibt er für nationale und internationale Fachmagazine wie Searchengineland, t3n, Website Boosting, Hubspot Blog, Sistrix Blog, Oncrawl Blog ... . 2022 war er Top Contributor bei Search Engine Land. Als Speaker stand er auf Bühnen der SMX, SEA/SEO World, CMCx, OMT, Digital Bash oder Campixx. Er ist ist Host der Podcasts OM Cafe und Digital Authorities. Er ist ist Autor des Buches "Content-Marketing entlang der Customer Journey", Co-Autor des Standardwerks "Der Online Marketing Manager" und Mitorganisator des SEAcamp.

11 Kommentare

    Martin sagt:

    Hey Olaf,
    schön, dass Ihr inzwischen so viele Studien veröffentlicht. Bei den Daten ist’s leider immer problematisch, vor allem, wenn es um Conversions geht, weil es dann sehr dünn wird. Weihnachten ist auch keine ganz unproblematische Zeit…

    Grundsätzlich glaube ich, dass Klickzahlen vor allem dann gesteigert werden können, wenn man durch Brand-Bidding die Wettbewerber davon abhalten kann, über der eigenen Website zu stehen. Allerdings dürften Wettbewerber auf der Top-Position auch zu mehr Impressionen insgesamt führen, weil Besucher drauf klicken, merken, dass sie falsch sind und noch mal neu suchen. Die Zahlen spiegeln das aber wohl nicht wieder…

      Olaf Kopp sagt:

      @Christian: Geb ich Dir Recht ….

      @Martin: Das Problem mit der Datengrundlage ist halt immer da, bei so Agentur Internen Studien. Wir können da leider nicht auf eine so reichhaltige Datenbasis wie Google zurückgreifen. Die Conversiondaten habe ich auch nur beiläufig mit reingenommen. Nach dem Motto: „Wenn ich mir eh schon die Arbeit mache…“ Interessanter für mich waren die Veränderungen der organischen CTR und der Nachbau des Rimm Kaufman Modells. Das mit Weihnachten hatte ich mir auch anfänglich überlegt. Ist aber für die CTR und die Anzahl der Klicks eigentlich nur gut, da der gesamte Traffic zu Weihnachten höher ist und man schneller an Daten kommt.. Die betrachteten 6 Wochen waren bis auf die letzte Woche alle im Weihnachstgeschäft. Also von daher auch wieder ähnliche Bedingungen. Bei der Sach bezüglich der Konkurrenzanzeigen sehe ich es ähnlich wie Du und ich habe das ja auch versucht zu berücksichtigen: „Dazu sollte man noch erwähnen, dass auf die Marke von Domain 1 keine weiteren AdWords Anzeigen geschaltet wurden, bei Domain 2 drei bis vier weitere Anzeigen ausgeliefert wurden und bei Domain 3 ein Konkurrent auf die Marke AdWords geschaltet hat. In allen drei Fälle waren die Brand Anzeigen durchweg auf der ersten Anzeigenposition zu finden….Bei hohem Konkurrenzdruck auf die eigenen Marken-Keywords, wie es bei Domain 2 der Fall ist, konnten wir positive Effekte für das organische Suchergebnis feststellen, insbesondere was die CTR angeht. Das war bei den schwach oder gar nicht umkämpften Marken-Keywords nicht der Fall.“

    Christian sagt:

    Ja, Domain 3 hat beispielsweise (wenn ich das richtig Lese) in Zyklus 1 (Adwords On) eine organische CTR von 62,7% im Zyklus 3 (auch Adwords on) eine CTR von 34,44%. Woran liegt das? Weihnachtsgeschäft?

    Ich meine damit, dass die Zyklen mit gleichen Einstellungen schon sehr unterschiedlich sind und man nur so schwer auch die Zyklen mit verschiedenen Einstellungen vergleichen kann.

    Christian sagt:

    Den Ansatz finde ich nicht schlecht, aber wirklich was rauslesen kann man meiner Meinung nicht. Die Zahlen sind vor allem bei 1 und 2 sehr gering und die Zyklen unterscheiden sich sehr stark untereinander. Mit Domain 3 kann man vielleicht ein bisschen was anfangen und da liegt die CTR mit Adwords (Gesamt) zwischen 64 und 71 Prozent und ohne Adwords zwischen 46 und 65 Prozent. Diese Zahl finde ich sehr interessant und ist von dir gar nicht aufgenommen. Es interessiert doch, wie viel Prozent, die nach meiner Brand suchen, schließlich auf meine Seite gelangen? Wie ist mir doch letzenendlich egal. Vor allem da Brand Bidding in der Regel nicht besonders teuer ist.

    Gretus sagt:

    Hallo,

    guter Artikel! Ich habe neulich mal testweise auf das Keyword `seounited´ geboten, bei 4 Euro/Klick bin ich wieder raus. Ich bezahle doch nicht 4 Euro für einen Besucher, der sowieso gerade nach mir sucht 😉

    Grüße

    Gretus

    Olaf Kopp sagt:

    Hallo Holger,

    wir haben es ja deswegen auch nicht als Studie deklariert und dir bleibt es offen das Ganze nochmal auf eine statistisch valide Datengrundlage hin zu untersuchen. Bei Domain 3 sind über 5000 Klicks zusammengekommen und ich denke das bewegt sich schon in Richtung statistisch valide Datengrundlage.

    Wenn Du mein Statement unter Fazit gelesen hättest, wäre Dein Einwand erfasst. „Mit Pauschalisierungen aufgrund solcher Experimente mit doch überschaubarer Datenbasis bin ich immer vorsichtig, aber bezogen auf die vorliegenden Fälle kann man schon, wie ich denke, Aussagen treffen.“

    Holger sagt:

    Hallo,
    an sich ja super, dass es zu dem Thema mehr unabhängige Beobachtungen gibt und die grundsätzliche Vorgehensweise ist ja auch gut. ABER: Wie kannst du solche (niedrigen) Zahlen als Basis nehmen? Da lässt sich überhaupt garnix draus schliessen! Über 70/82 Klicks eine Conversion ausrechnen?
    Selbst wenn man alle Zahlen zusammenzählt ist das noch statistisch fahrlässig meines Erachtens.

    semseoguy sagt:

    Interessante Auswertung und ein guter Ansatzpunkt A/B Tests zu verfeinern. Auch wenn drei Domains nicht gerade aussagekräftig sind.