Der wahre Preis von Anonymität ist Irrelevanz. Diese vielzitierte Aussage von Eric Schmidt klingt im Schatten von Geheimdienstaffären und Datenspeicherungen wie Hohn. Sie verrät uns aber eine Menge über Google und die Zukunft der Optimierung innerhalb der Suchmaschine.
Es geht nicht mehr (nur) darum Webseiten zu optimieren, sondern Entitäten. Im Kontext des Online Marketing im Allgemeinen und der Suchmaschinenoptimierung im Speziellen bedeutet das den Aufbau einer Marke. Das gilt für Personen genauso wie für Organisationen. Für Einzelunternehmer genauso wie für Konzerne.
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Branking = Branding + Ranking
Branding ist das neue Ranking wie Olaf Kopp in seinem Artikel Warum SEO nicht mehr reicht ausführlich darlegt. Es liegen mindestens drei Faktoren für eine ordentliche Branking-Strategie zugrunde:
- Das Verständnis für die eigene Marke: Wer bin und warum?
- Eine rege Markenaktivität: Verfassen von Texten, Interaktion auf Social Media Kanälen usw.
- Das Verifizieren der eigenen Marke
Es ist der dritte Punkt, um den es in diesem Artikel gehen soll. Dabei ist zu verstehen, dass es sich hier um Notizen handelt. Schon allein das Wort Branking meine ich natürlich mit einem zwinkernden Auge. Fakt ist, Google möchte die wahren Identitäten hinter Webseiten und Nutzern verstehen, um die „reale“ Welt digital abzubilden. Dafür braucht es Wege, um diese Identitäten zu verifizieren.
Google Plus als Beglaubigung für unsere Identität
Google Plus spielt dabei eine ganz besondere Rolle, die häufig in der Diskussion untergeht. Seit Google das hauseigene soziale Netzwerk eingeführt hat, wird immer wieder darüber diskutiert, ob die Geisterstadt überhaupt eine Chance gegen Facebook, Twitter, Pinterest und all die anderen Social Media Plattformen hat. Doch die Diskussion geht meiner Meinung nach am eigentlichen Vorhaben vorbei, denn Google Plus ist anders als die anderen.
Das G+Profil ist ein Identitätshub. Hier soll die gesamte Online Identität zusammengeführt werden, alle Profile, Aktivitäten und Vernetzungen einer Person. Nicht zu verachten ist die Verknpüfung mit Suchhistorie, Email, Kalender und Google Drive. Darüber zu diskutieren, ob Google Plus eine Geisterstadt ist, erscheint in Anbetracht dessen schon fast nebensächlich.
Das Netzwerk ist ein Baustein des Googleversums, also eines der vielen Produkte mit dem die meistgenutzte Suchmaschine Metadaten über die „echte Welt“ sammelt. Google möchte diese, unsere analoge Welt nämlich möglichst gut kennenlernen und verstehen. Selbstverständlich nur, um uns, den Nutzern, die besten Suchergebnisse und Antworten auf alle unsere Fragen auszuliefern.
Du bist nur mit Häkchen echt
Als Google Plus heraus kam, gab es zwei Bedingungen für die Anmeldung: Klarname und ein Profilbild, auf dem ein echtes Gesicht zu erkennen war. Das hat für große Diskussionen gesorgt, macht aber im Zuge der Verifizierung viel Sinn. Es war das erste Zeichen, dass G+ zum Verifizierungsinstrument für Online Identitäten werden soll. Kurze Zeit später wurden zwei weitere Möglichkeiten eingeführt, die in Zukunft ein zentraler Aspekt des Branking sein können: ein Häkchen und rel=“author“.
Das Häkchen ist eine offizielle Plakette, die schon vom Design her Vertrauen und Echtheit suggeriert. AuthorShip ist der erste Schritt zum AuthorRank, mit dem man sich über Zeit einen Ruf aufbauen kann. Beides funktioniert nur reziprok. Man muss Zugang zum Code der Webseite haben, um das Google Plus Profil damit zu verknüpfen.
Sowohl Häkchen als auch Authorship lassen sich nur mit großem Aufwand manipulieren. Gehen tut das, aber vermutlich nur auf Kosten der Nachhaltigkeit. Energie und Aufwand scheinen besser aufgehoben im ehrlichen Aufbau der Marke.
AuthorShip für die Identität, AuthorRank für den Ruf
Sich per rel=“author“ mit den eigenen Artikeln zu verknüpfen bedeutet die Urheberschaft oder auf englisch Authorship zu erklären. Was aber in den kommenden Jahren viel interessanter wird ist das Konzept des Authorrank. Die Idee dahinter ist, die eigene Wertigkeit in Form von Autorität, Expertise und Reputation zu erhöhen und damit die Sichtbarkeit zu bestimmten Themen zu erhöhen.
Google hat das Konzept nur indirekt bestätigt. Die Autorenschaft ist keine Garantie für hohe Rankings, sondern nur eine Möglichkeit für auffällige Suchergebnisse. Schaden kann es allerdings auch nicht und zumindest in den USA gibt es mit In-depth und Autorensuche schon konkrete Anzeichen dafür, wie sich das auswirken kann.
AuthorShip lässt sich, sofern Zugang zum Code besteht, einfach implementieren. AuthorRank hingegen muss erst erarbeitet werden. Und dafür braucht es Zeit. Ein guter Ruf entsteht nicht von Heute auf Morgen, sondern basiert auf Beständigkeit und Vertrauen. Des Weiteren ist davon ausgehen, dass AuthorRank durch indirekte Faktoren aufgebaut wird, denn egal wie clever Google in den nächsten Jahren wird, die Qualität eines Textes wird die Suchmaschine so schnell nicht beurteilen können.
Folgende Aspekte könnten für den Autorenrang wichtig sein:
- Wie oft, wie schnell und von wem wurde der Artikel geteilt?
- Handelt sich dabei ebenfalls um Experten auf dem Gebiet?
- Werden die Artikel immer nur von denselben Leuten geteilt oder von unterschiedlichen?
- Wie viele Kommentare hat der Artikel bekommen?
- Wer hat kommentiert? Andere Experten auf dem Gebiet?
- Gibt es innerhalb der Kommentare positive Ausdrücke („klasse“, „super“, „hilfreich“ etc.)?
- Wie viele und vor allem wer gab dem Artikel ein +1?
- Gibt es andere Social Signals (z. B. durch Twitter, Facebook, Pinterest, etc.)
SEO und die Optimierung des Selbst
Die Suchmaschinenoptimierung hat sich in vielen Dingen geändert. Eine dieser Änderungen besteht darin, dass man nun nicht mehr nur einzelne Webseiten optimieren kann, sondern auch Personen. Dass Google Plus dabei eine große Rolle spielt hat Martin Mißfeldt bereits vor drei Jahren in seinem Artikel über das Ich als Rankingfaktor geschrieben.
Die eigene Identität bei Google zu optimieren ist im Grunde für alle Personen interessant, die sich als {Experte|Autorität|Fachperson|Influencer|Kenner|Spezialist|Profi|Koryphäe|Vorreiter} zu einem bestimmten Thema etablieren wollen.
Das können Handwerker, Forscher, Philosophen, Marketingleute, Politiker, Schuhliebhaber, Gärtner, Lehrer, Rechtsanwälte, Klingonen, Immobilienmakler, Physiotherapeuten, Mütter, Väter, ja einfach alle sein, die zu einem Thema etwas zu sagen haben.
Nur eine Voraussetzung muss erfüllt werden: man muss tatsächlich etwas „sagen“. Marketing und PR Spezialisten nennen das „Inhalte generieren“. Was in diesem Zusammenhang vor allem bedeutet Texte zu schreiben und im Internet zu veröffentlichen. Entweder auf dem eigenen Blog oder auf anderen Webseiten.
Konzepte wie AuthorRank oder das Ich als Rankingfaktor sind im Moment noch keine messbaren Faktoren oder Garantien. Sie passen aber gut zur Idee der semantischen Suche, auf die ich zum Abschluss noch als kurzen Exkurs eingehen möchte.
Exkurs: Wie Google uns und die Welt kennen lernt
Um die nicht-digitale Welt besser zu verstehen, hat das Unternehmen inzwischen ganz offiziell das Konzept dafür geändert, wie Daten indexiert und ausgewertet werden. Als semantische Suchmaschine geht es nicht mehr darum in Keywords, sondern in Entitäten zu „denken“.
Entitäten sind Gegenstände, Konzepte und Personen(gesellschaften) des realen Lebens. Politiker, Gebäude, Filme, Städte, Unternehmen, Celebrities, Events, Verbände, Kunstfiguren, Haushaltsgeräte und so weiter und so fort. Eben alles was es so gibt. Um diese Entitäten „zu verstehen“ nutzt Google Quellen wie Wikipedia und Freebase, aber auch Inhalte von Webseiten und zwar am liebsten die, die mit dem von schema.org vorgegebenen Mark-up ausgezeichnet sind.
All das führt dazu, dass Google Entitäten „kennenlernt“ und auf für uns so simple Fragen wie: „Wie alt ist Conchita Wurst“ eine direkte Antwort geben kann. Und nicht nur das, Google „weiß“ sogar, dass es sich dabei um eine Kunstfigur handelt, hinter der ein Mensch namens Tom Neuwirth steckt. Bis vor relativ kurzer Zeit hätten wir auf dieselbe Suchanfrage zehn Links zu Webseiten bekommen, auf denen wir die Antwort selbst hätten suchen müssen.
Für die Nerds: Google versteht ganze Fragen immer besser. Bei der Eingabe von „Wann hat Conchita Wurst Geburtstag“ erscheint folgendes Ergebnis:
- SERPs in den SERPs: Die Entitäten-Box bei Google - 24. Juli 2014
- Leidenschaft: die Grundlage guter Inhalte - 3. Juli 2014
- Build your Brand mit Storytelling - 26. Juni 2014
- Happy Hash-Tagging bei Google! Semantische Verbindung von Inhalten und Entitäten - 27. Mai 2014
- Branking: Notizen zur SEOptimierung des Selbst - 20. Mai 2014
3 Kommentare
Und im Fall von Conchita Wurst finde ich das einen riesen Fehler. Wer nach Conchita Wurst sucht, wer muss nicht erfahren wer Tom N. ist, wie er ohne Perücke aussieht und wie alt er ist. Er ist keine öffentliche Person, Conchita Wurst ist sie.