Content Marketing ist eine relativ junge Disziplin der Unternehmenskommunikation, und ihre Möglichkeiten sind längst noch nicht ausgeschöpft. So wird etwa in der fachlichen Diskussion nur selten darauf verwiesen, dass sich damit auch sehr gut am Unternehmensimage arbeiten lässt. Grund genug also, mit diesem Beitrag ein wenig das Bewusstsein dafür zu schärfen.
Heute kommt der Content nicht mehr zur Zielgruppe, sondern die Zielgruppe kommt zum Content. Content Marketing ist damit nicht zuletzt als Reaktion auf den Umstand zu sehen, dass klassische One-to-many-Kommunikation in Webzweinull-Zeiten immer schlechter „funktioniert“. Genauer gesagt: von einem immer größeren Teil der Zielgruppen offensichtlich nicht mehr erwünscht ist. Das Online Marketing bekommt dies unter anderem in Form zurückgehender Bannerklicks und der sogenannten Bannerblindheit zu spüren. Nicht zu vergessen die Ad-Blocker.
So betrachtet scheint die Bereitstellung, Promotion und Betreuung hochwertiger redaktioneller Inhalte im Internet, die sowohl relevant für die Zielgruppe als auch an die eigenen Unternehmensthemen gekoppelt sind, der richtige Ausweg aus dem Dilemma zu sein. Denn ebenso wie Inbound Marketing „ermöglicht“ Content Marketing den Stakeholdern, selbst zu entscheiden, was für sie interessant und nützlich ist – sprich: ihnen einen Mehrwert bietet. Als User profitieren wir selbst tagtäglich davon.
Aus meiner Sicht als PR-Freelancer mit Marketingaffinität hingegen sollten Anbieter Content Marketing aber nicht ausschließlich als Mittel zur Leadgenerierung betrachten. Das ist zu kurz gedacht und lässt wertvolles Potenzial brachliegen. So eignet sich diese neue Marketingdisziplin darüber hinaus auch bestens zur gezielten Arbeit am Unternehmensimage – sei es zum Aufbau desselben oder zu seiner Etablierung. Doch in der kontrovers geführten Diskussion über Content Marketing findet dieser Aspekt entweder gar keine Berücksichtigung, oder aber er wird nur kurz am Rande abgehandelt. Svenja Hintz‘ guter und weitsichtiger Beitrag Leidenschaft: die Grundlage guter Inhalte hier in diesem Blog gehört zu den rar gesäten und entsprechend erfreulichen Ausnahmen. Eine weitere möchte ich hiermit hinzufügen.
Eindeutige Differenzierungsmerkmale
Unstrittig dürfte sein, dass Markterfolg immer auch eine Frage der öffentlichen Wahrnehmung eines Unternehmens ist. Dies insbesondere in stark umkämpften Segmenten, in denen eindeutige Differenzierungsmerkmale wichtig für eine dauerhaft erfolgreiche Positionierung im Markt sind. Das Bild, welches sich die Öffentlichkeit von einem Unternehmen macht, stammt dabei aus zwei Quellen: aus dem, was aktiv nach außen kommuniziert wird, und aus dem, was durch externe Faktoren hinzukommt. Ersteres geschieht strukturiert und strategisch gesteuert, auf Letzteres kann man allenfalls reagieren. Beides gehört zum Aufgabenbereich der Public Relations, und deren Job besteht seit jeher darin, öffentlichkeitsrelevante Unternehmensthemen in zielgruppengerechte Inhalte zu verwandeln und diese mit Image anzureichern. Ziel ist der Aufbau und die Pflege eines positiven, unverwechselbaren Unternehmensimages. Hierbei werden immer wieder einzelne Facetten wie Alleinstellungsmerkmal, Marktstellung, kulturelles, ökologisches und soziales Engagement etc. mitkommuniziert.
Wenn man also schon Content Marketing betreibt und zielgruppenrelevante Inhalte [sic!] vermarktet, so wäre es doch geradezu fahrlässig, nicht auch hier die Imagekarte auszuspielen. Dazu muss sich das oftmals tonangebende Marketing lediglich etwas mehr auf die „PR-Sicht der Dinge“ einlassen und diese in die Planung und Produktion des Contents einbeziehen. Die Content Strategy sollte die Imagepflege also als Teilziel definieren. Genau dann geht mehr.
Platzierung von Imagebotschaften
Um es mal ein wenig konkreter zu machen: Wirklich gut und interessant aufbereiteten redaktionellen Inhalten folgen viele Rezipienten Satz für Satz und Wort für Wort. Diese erhöhte Aufmerksamkeit, die sich vor allem via Infotainment oder durch Storytelling erzielen lässt, schafft Nischen für zusätzliche Informationen. Eben diese Nischen gilt es für die Platzierung von Imagebotschaften zu nutzen, die dann „automatisch mit wahrgenommen“ werden. Allerdings müssen am Ende immer die primären Informationen im Vordergrund stehen, um die Erwartungen der Zielgruppe an den Content zu erfüllen und dessen Mehrwertcharakter zu gewährleisten – vermeintlich „selbstlose“ Content-Angebote wie das Online-Magazin Journey von Coca Cola dagegen können sich nur bereits etablierte Marken leisten. Daher sollten Unternehmen mit eher geringem Bekanntheitsgrad Content Marketing konsequent (auch) zum Imageaufbau nutzen. Und zwar gezielt und als Bestandteil ihrer Kommunikationsstrategie – und nicht bloß rein intuitiv, wie es vermutlich oftmals der Fall ist.
Zur Veranschaulichung: Ich selbst habe im dritten Abschnitt eine Imagebotschaft über mich als PR-Dienstleister platziert. Dort hat sie ihre Berechtigung, weil sie als Zusatzinformation wesentlich für die weitere Argumentation ist. Wenigstens dem Anschein nach. Denn tatsächlich würde mein Text aus Sicht der Zielgruppe nicht unbedingt an Gehalt verlieren, hätte ich sie mir „gespart“. Aber darum geht es hier schließlich nicht – es sei denn, man gibt sich damit zufrieden, in erster Linie als Anbieter nützlicher Informationen wahrgenommen zu werden. Doch das ist im Content Marketing nur die halbe Miete. Vielmehr sollte es das Ziel sein, solcherlei Image-Puzzleteile wie im obigen Fall möglichst unaufdringlich und an plausibler Stelle in die Inhalte einzupassen. Dann setzt sich in den Köpfen der Zielgruppe im Laufe der Zeit das gewünschte Bild des Anbieters zusammen. Er „profiliert“ sich. Da dies aber nicht auf einen Schlag geht, muss Content Marketing ein kontinuierlicher Prozess oder zumindest eine auf eine bestimmte Dauer angelegte Kampagne sein. Sonst erreicht man gar kein Ziel.
Etwas weiter gedacht, ließe sich die Content-Produktion so auch von der jeweils zu transportierenden Imagebotschaft her aufzäumen. Die Frage würde dann lauten: Was wollen wir über uns aussagen und welchen Content benötigen wir dafür? Nur übertreiben darf man das alles natürlich nicht, da Inhalte sonst rasch als Eigenwerbung aufgefasst werden.
Wahl geeigneter Content-Formate
Allerdings eignen sich nicht alle Formate zum Imageaufbau in der zuvor beschriebenen Weise. Tutorials, Checklisten, Infografiken oder Statusmeldungen scheiden da weitgehend aus, weil sie aufgrund ihres ökonomischen Aufbaus und ihrer stringenten Struktur meist keinerlei Raum für Zusätzliches bieten. Hier wäre eine Imagebotschaft wie meine obige eher irritierend. Oder, schlimmer noch: allzu verdächtig. Davon sollte man tunlichst die Finger lassen. Besser geeignet sind die klassischen journalistischen Formate sowie Fach- und Ratgeberbeiträge. Alleine schon die in aller Regel weitaus längeren Textstrecken bieten vielfache Andockmöglichkeiten für die Imagepflege.
Ein besonderes Augenmerk sollte man meines Erachtens dabei auf Corporate Blogs richten, die trotz aller Vorgaben seitens der Corporate Identity (und hier speziell der Corporate Communication) ja gerade durch ihre vergleichsweise offene Struktur viele Optionen eröffnen. Hier ist inhaltliche und stilistische Vielfalt möglich – beides wichtige Voraussetzungen für die Platzierung unterschiedlichster Imagebotschaften. Hinzu kommt, dass Unternehmensblogs durch Personalisierung bekanntermaßen an Reiz gewinnen, und von dort ist es nur noch ein kleiner Schritt zum „Image-Management“.
Ob das mit dem Image tatsächlich wie erwünscht klappt, lässt sich übrigens oft schon über das Feedback via Blog-Kommentarfunktion überprüfen. Zumal Content Marketing ohnehin vom Dialog mit der Zielgruppe lebt.
Zusammengefasst: Content Marketing nur zwecks Leadgenerierung zu betreiben, greift viel zu kurz. Denn so bleibt die Chance ungenutzt, über hochwertige redaktionelle Inhalte auch gezielt am Unternehmensimage zu arbeiten. Daher sollte dieses Teilzeit in die Content Strategy integriert werden. Voraussetzung für den Erfolg ist, dass Marketing und Public Relations hierbei Hand in Hand gehen.
9 Kommentare
Ich überlege schön länger, wie ich mein Business vorantreibe und die richtige Zielgruppe erreiche. Sehr interessant finde ich, dass es ein Zusammenspiel von Infos und Storytelling ist, wodurch auch eine Imagebotschaft erfolgen kann. Ich werde mich mal noch genauer in das Thema einlesen und eine Beratung für Social Media nutzen, vielen Dank für die Tipps.
Dass Content-Marketing eine junge Disziplin ist, sehe ich nicht so. Vielmehr ist es ein neuer Begriff für etwas, das in der Suchmaschinenoptimierung schon lange fester Bestandteil war.
Ansonsten ein top Artikel! 🙂
LG
Dominik, das sehe ich nicht so. Gerade das was SEOs in den letzten 10 Jahren zum Großteil an Texten produziert haben war für die Tonne, äähh für die Suchmaschinen. Beim Content-Marketing werden Texte primär für Nutzer erstellt nicht für Suchmaschinen. Wenn man davon spricht, dass die PR im Rahmen von Corporate Publishing Content-Marketing betrieben hat, darüber kann man diskutieren. Aber sehe ich auch nicht so, weil zum Content-Marketing weit mehr gehört als Content für Unternehmenszwecke zu produzieren.
Lieber Andreas,
danke für diesen Beitrag – du sprichst mir aus der „PR-Seele“. 🙂
Aus meiner täglichen Arbeit kenne ich das Problem, dass bei Content Marketing gleich zu den Leads übergegangen wird. Das Positionierungspotenzial wird nicht voll ausgeschöpft.
Hier sind wir wieder bei der Frage, was „besser“ oder „sinnvoller“ ist, bzw. was den besseren ROI bringt – Marketing oder PR. Aber allein über diese Frage, könnte man noch einen weiteren Blogbeitrag schreiben.
Danke noch einmal und liebe Grüße,
Ivana
Hi Ivana,
man muss aber auch sagen, dass die PR hier ein wenig den Trend verpennt hat. Sonst würde das Ganze nicht „Content Marketing“ heißen, sondern irgendwas mit „PR“ oder „Communication“. Insofern haben wir uns da selbst schlecht positioniert. 😉 Aber wie dem auch sei, aus Kundensicht berachtet geht jedenfalls mehr im Content Marketing.
Liebe Grüße aus dem pittoresken Duisburg
Andreas