3.7/5 - (7 votes)

Im Mai 2014 habe ich einen Beitrag mit dem Titel „Branding und das neue Google-Ranking: Warum SEO nicht mehr reicht…“ geschrieben. Knapp 10 Jahre später ist es Zeit für eine Neuauflage, denn es hat sich viel getan. Einige Monate nach dem genannten Beitrag hat Google das E-A-T-Konzept in den Quality Rater Guidelines vorgestellt, was heute E-E-A-T heisst.

Zu dieser Zeit war E-A-T ein theoretisches Konzept, was den Such Evaluatoren bis heute hilft qualitativ hochwertige Quellen und Inhalte zu bewerten. Dieses Feedback fließt seitdem als Trainingsdaten in den Ranking-Algorithmen von Google ein, um die Qualität der Suchergebnisse und damit die Nutzererfahrung zu verbessern. Man konnte damals nur erahnen welchen Einfluss E-E-A-T in der Zukunft auf die Suche haben wird.

Mich hat das Konzept von Anfang an fasziniert, da ich mich bis dato seit einiger Zeit bereits intensiv mit dem Zusammenhang aus Branding und Ranking beschäftigt hatte. In der SEO-Branche fand E-A-T aber erst mit der offiziellen Nennung in Bezug auf die Core Updates im Jahr 2018 wirklich Beachtung.

E-E-A-T ist heutzutage einer der wichtigsten Komponenten für das Ranking bei Google und bei Keywords zu YMYL-Themen der Gatekeeper für die erste Google-SERP. E-E-A-T ist ein fundamentaler Einschnitt in die Art und Weise, wie Google Websites rankt und bedarf einer ganzheitlichen Betrachtung mit Blick über den SEO-Tellerrand.

Dieser Beitrag soll erklären, warum wir gerade bei Keywords mit hohem Wettbewerb und Keyword zu Your-Money-Your-Life-Themen ohne E-E-A-T kaum Chancen haben auf der ersten Suchergebnisseite bei Google zu ranken und warum alleine SEO dafür nicht reicht.

Was ist E-E-A-T?

E-E-A-T ist Googles Qualitätskonzept, um thematische Autoritäten und vertrauenswürdige Entitäten zu identifizieren und das beim Ranking einzelner Dokumente zu berücksichtigen.

Es ist ein theoretisches Konzept, was verdeutlichen soll, das Google Erfahrung, Expertise, Autorität und Trust beim Ranking von Websites wichtig ist.

E-E-A-T ist eine Weiterführung bei der Berücksichtigung von Marken beim Ranking, was mit dem Vince Update 2009 begann.

Nach meiner Meinung setzt sich E-E-A-T aus verschiedenen Bausteinen bzw. Updates zusammen. 

Auf Content-Ebene sind Elemente aus den Ranking-Systemen Panda bzw. Coati und Helpful Content in E-E-A-T integriert. Zudem wirken Signale auf Link-Ebene und Entitäten-Ebene.

 

E-E-A-T bezieht sich vor allem auf thematische Bereiche und ist wie ein Bewertungs-Layer zu verstehen, der weniger einzelne Dokumente bewertet, sondern Sammlungen von Inhalten und Offpage-Signale in Bezug auf Entitäten wie Unternehmen, Organisationen und Personen berücksichtigt.

Zur Relevanz-Bewertung einzelner Inhalte in Bezug zu einzelnen Suchanfragen berücksichtigt Google klassische Information Retrieval Faktoren wie Keywords in Inhalts-Elementen wie z.B. Seitentitel, Überschriften, Dokumentenstruktur, Nutzung semantisch verwandter Keywords (TF-IDF) … auf einer Dokumenten-Ebene.

Auf einer Meta-Ebene bewertet Google dann den Publisher bzw. den Autor des Inhalts hinsichtlich genereller Qualität bezogen auf ein Theme über ein Wechselspiel aus Signalen auf Content-Ebene und Offpage-Ebene.

Mehr zu Thema E-E-A-T findest Du in meinem E-E-A-T-Leitfaden und diversen Artikeln hier im Blog oder woanders (Google einfach nach Olaf Kopp E-A-T)

 

E-E-A-T in Bezug auf Crawling und Indexierung

Durch den Siegeszug von KI-Tools wie ChatGPT oder jasper.ai zur Content-Kreation steht Google einer großen Herausforderung gegenüber. Zum einen muss Google die eigenen Crawling Ressourcen effizient einsetzen. Das bedeutet, dass Google nicht alle online zugänglichen Inhalte crawlen möchte. Das Gleiche gilt für die Indexierung. Es macht für Google keinen Sinn minderwertige Inhalte in den Suche-Index zu übernehmen. Je mehr Inhalte Google indexiert und im Information-Retrieval-Prozess verarbeiten muss, desto mehr Rechenleistung wird benötigt.

Google führt ein Dokumenten Scoring nur auf die Top n Dokumente eines thematisch relevanten Dokumentenkorpus durch, der Rest wird aus Effizienz-Gründen nicht mehr in eine Reihenfolge gebracht. Dennoch kosten irrelevante Inhalte unnötigen Speicherplatz, Parsing- und Rendering-Ressourcen.

E-E-A-T kann Google helfen basierend auf Entitäten bzw. Domain- und Autoren-Ebene angewendet im Big Scale zu bewerten, ohne jeden einzelnen Inhalt crawlen zu müssen. Auf dieser Makro-Ebene lassen sich Inhalte gemäß der Urheber-Entität klassifizieren und mit mehr oder weniger Crawlingbudget ausstatten. Zudem kann Google über diesen Weg ganze Inhaltsgruppen von der Indexierung ausschließen.

Google hat immer wieder betont, dass die Qualität eine besondere Rolle bei Crawling und Indexierung spielt (siehe hier und hier)

 

Vektorraumanalysen für Relevanz- und Qualitätsbestimmung

Für die Relevanz- und Qualitätsbestimmung nutzen moderne Suchmaschinen immer häufiger Vektorraum Analysen. Dabei können sowohl einzelne Wörter als auch komplette Phrasen und Entitäten als Vektoren in thematische Räume aufgespannt und in Beziehung zueinander gesetzt werden.

Im Google Patent Website Representation Vector to Generate Search Results and Classify Website wird beschrieben, wie eine Suchmaschine Websites als Vektoren abbilden und mit Quality Scores hinsichtlich Themen bewerten kann. Nur Websites bei denen die Quality-Scores einen bestimmten Schwellenwert erreichen, werden für ein Ranking zu entsprechenden Keywords in Betracht gezogen.

Die Klassifizierung kann z.B. aufgrund des Expertise-Levels der Autoren festgestellt werden:

For instance, the website classifications may include the first category of websites authored by experts in the knowledge domain, e.g., doctors, the second category of websites authored by apprentices in the knowledge domain, e.g., medical students, and a third category of websites authored by laypersons in the knowledge domain.

Mehr über das Patent im Beitrag von dem leider verstorbenen und vermissten SEO-Pionier Bill Slawski.

 

Offpage- und Onpage-Signale für eine E-E-A-T Bewertung

Mögliche Signale für eine E-E-A-T-Bewertung habe ich in der folgenden Übersicht zusammengeführt. An dieser Stelle möchte ich nicht im Detail auf die einzelnen Signale eingehen.

Mehr dazu findest du im Artikel 18 E-E-A-T-Bewertungs-Faktoren für das Ranking bei Google

Ranking heute = SEO, (Content-)Marketing & PR

Das Thema Marketing spielte früher in der Suchmaschinenoptimierung nur in Bezug auf die eigenen Markenbegriffe eine Rolle. Sich als Marke bzw. Autorität in einem bestimmten Themenbereich zu etablieren, konnte von SEOs in der Pre-E-A-T-Ära ausgeblendet werden. 

Doch spätestens mit der endgültigen Einführung der semantischen Suche durch das Hummingbird-Update und Googles Bestrebungen der Etablierung von E-E-A-T ändern sich große Teile der Einflussfaktoren für das Ranking.

Durch den Aufbau eines semantischen Entitäten-basierten Index wie dem Knowledge Graph und Ranking-Algorithmen, die semantische Zusammenhänge erkennen, können Urheber und deren Domains hinsichtlich E-E-A-T bewertet werden.

Vor 2013 drehte sich bei der Suchmaschinenoptimierung fast alles um das zu optimierende html-Dokument selbst und dessen externe Verlinkung.

Durch die Einführung der semantischen Suche, verlagert sich der Fokus weg vom Dokument hin zum Urheber bzw. Autor, der Marke, Autorität bzw. Domain an sich. Die Auswirkungen dieser Entwicklung merkt man in sehr umkämpften Branchen und bei YMYL-Themen und Keywords aus diesen Themenbereichen. 

In den Nischen reicht es derzeit immer noch aus mit dem üblichen SEO-Handwerk auf Dokumenten-Ebene für gute Rankings zu sorgen. 

U.a. folgenden Bereiche können ein Einfluss auf E-E-A-T haben:

  • Links und Ankertexte auf Domain-Ebene: Früher waren Links und Ankertexte in erster Linie für das Ranking der Zielseite wichtig. In Zeiten von E-E-A-T werden diese Signale auch für die gesamte Domain immer wichtiger.
  • Kookkurrenzen in Dokumenten und Suchanfragen von Autoren- bzw. Unternehmensnamen und thematischen Begriffen. Die Häufigkeit der Nennung von Autoren und Unternehmen in thematischen Kontexten sowohl in Inhalten als auch Suchanfragen weist auf eine hohe Autorität hin.
  • Dokumenteninterne Knowledge Graphen. Über den Abgleich der Ähnlichkeit von Dokumenteninternen Knowledge Graphen mit denen qualitativ hochwertiger autoritärer Ressourcen lässt sich Expertise algorithmisch feststellen.
  • Anteil der zu einem thematischen Gesamt Dokumenten Korpus beigetragenen Inhalte. Je mehr Inhalte ein Urheber zu einem thematischen Gesamtkorpus an Inhalten beigetragen hat, desto besser ist es hinsichtlich E-E-A-T.
  • Nutzersignale. Inhalte die besonders häufig in Bezug zu den relevanten thematischen Suchanfragen konsumiert werden weisen auf eine hohe Qualität der Inhalte und E-E-A-T des Urhebers hin.
  • Topical Authority. Je ausführlicher sich der Content-Korpus einer Domain mit einem Thema auseinandersetzt, desto wahrscheinlicher ist es, dass der Suchende alle Informationen findet.

Wie du siehst geht es in einigen Bereichen um Content-Marketing und in anderen Marketing und PR.

 

Nur SEO reicht oft nicht mehr für gute Rankings

Google legt beim Ranking einen großen Wert darauf wie relevant man als Entität, Autorität und Marke in einem oder mehreren Themenbereichen ist. 

Für gute Rankings gilt es sich daher intensiv mit dem Content auf der eigenen Domain, als auch anderen Medien zu beschäftigen. Zudem gilt es Nutzer dazu zu bringen in Suchmaschinen in den relevanten Kontexten nach der eigenen Marke zu suchen oder Multiplikatoren dazu zu bewegen im positiven thematische passenden Kontexten über die eigene Marke zu berichten.

So erzeugt man postitive Signale im Sinn von E-E-A-T

Da man Google überzeugen muss, dass man als Website aber auch als Autor eine Marke, Autorität bzw. ein Leuchtturm in der Branche darstellt kann man Marketing mit Blick auf Google auch als Google Branding oder digitalen Markenaufbau bezeichnen.

In dem Buch “Google Semantic Search” von David Amerland werden folgende wichtige SEO-Tätigkeiten beschrieben:

  • Creating extensive content that connects everything your business does in a meaningful way
  • Guiding the online conversation in social media networks in ways that extend the boundaries of what your company and brand does
  • Using your social network profiles to link to content that adds further value to what you do

Folgende Beispiele sieht Amerland als Bestandteile des „neuen SEO“:

  • Good quality content that delivers value to the end-user
  • Websites that offer an excellent online visitor experience in terms of case of use, content and navigability
  • Businesses that are being talked about on the web, on blogs, and social networks
  • Businesses whose content ist reshared on the web across social networks
  • Businesses with a strong social component that actually engages their prospective customer in a way similar to a person
  • Businesses that stay current and generate consistently fresh content proving that they both have something to say and that they are part of the current online conversation
  • Setting a monetary value to reputation
  • Understanding the need to build and maintain trust

Was hat das noch mit der Optimierung für Suchmaschinen gemäß dem Begriff Suchmaschinenoptimierung zu tun? 

Nicht viel! Viele Signale, die einen positiven Einfluss auf E-E-A-T haben können liegen in der Verantwortlichkeit von Content-Marketing, PR und Marketing.

Es geht nicht mehr ohne die anderen

Für SEO wird es immer wichtiger sich im Unternehmen als Schnittstelle und Enabler zu verstehen. SEO muss sich mehr zu einer Schnittstellen-Disziplin entwickeln, die irgendwo zwischen Marketing, PR, Data, Content-Kreation und IT einen Platz sucht. Das nerdige Kellerkind, das in seinem abgeschlossenen Bereich die Geheimnisse des Google-Algos decodiert ist heutzutage immer mehr eine romantische Verklärung.

In dieser Rolle berät der SEO proaktiv alle benachbarten Abteilungen mit Schnittstellen-Relevanz und ist dementsprechend mit dem notwendigen Einfluss von den Köpfen versehen. Die Berücksichtigung von SEO in allen benachbarten Suche-relevanten ist in dieser Rolle ein Muss und ist dementsprechend in Prozessen verankert. Hierzu gehört aber auch eine gewissen Durchsetzungskraft und Führungstalent, um alle Beteiligten ins Boot zu holen.

Der Hauptfokus liegt hier alle Beteiligten zu beraten und auszubilden, damit diese die Umsetzung größtenteils selbst umsetzen können. Dazu sollte SEO auch in den Prozessen z.B. bei Redaktion, Content Kreation, PR, IT … etabliert werden. Diesen Job können sowohl Inhouse SEOs als auch externe Consultants oder Agenturen übernehmen. Auch in der Personalabteilung kann SEO wirksam wirken, um Stellenausschreibungen besser auffindbar zu machen.

Auf der anderen Seite benötigt SEO Informationen aus Marktforschung, Marketing, Sales, SEA, UX und IT/Development, um optimal arbeiten zu können. Hier braucht es Formate zum Austausch.

Mehr zur neuen Rolle von SEO im Beitrag “Die Rolle von SEO: Berater, Schnittstelle und Enabler

Zu Olaf Kopp

Olaf Kopp ist Online-Marketing-Experte mit mehr als 15 Jahren Erfahrung in Google Ads, SEO und Content Marketing. Olaf Kopp ist Co-Founder, Chief Business Development Officer (CBDO) und Head of SEO bei der Online Marketing Agentur Aufgesang GmbH. Er ist international anerkannter Branchenexperte für semantische SEO, E-E-A-T, KI- und Suchmaschinen-Technologie, Content-Marketing und Customer Journey Management. Als Autor schreibt er für nationale und internationale Fachmagazine wie Searchengineland, t3n, Website Boosting, Hubspot Blog, Sistrix Blog, Oncrawl Blog ... . 2022 war er Top Contributor bei Search Engine Land. Als Speaker stand er auf Bühnen der SMX, SEA/SEO World, CMCx, OMT, Digital Bash oder Campixx. Er ist ist Host der Podcasts OM Cafe und Digital Authorities. Er ist ist Autor des Buches "Content-Marketing entlang der Customer Journey", Co-Autor des Standardwerks "Der Online Marketing Manager" und Mitorganisator des SEAcamp.

Kommentare sind geschlossen.