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Mit welchen Methoden wir bei Aufgesang Inbound-Marketing-Kampagnen Leben einhauchen: Der biblischen Überlieferung nach begann Adam erst dann zu leben, als Gott ihm seinen Odem in die Nase blies. Nachdem jedes Detail vollendet war, brauchte es noch einen letzten entscheidenden Akt, um die Schöpfung zu vollenden. Ähnlich verhält es sich bei einer Inbound-Marketing-Kampagne. Auch sie erwacht erst in der letzten Stufe zum Leben. Kommunikation ist für sie das, was Gottes Odem für Adam war. Auf welche Weise wir bei Aufgesang Kampagnen lebendig werden lassen, möchte ich in diesem Beitrag teilen.

Was jeder Inbound-Marketer sehr früh lernt ist, dass sich selbst der beste Content nicht von allein verbreitet. Die ernüchternde Erkenntnis: Content ist zwar der Antrieb, ohne Treibstoff kann er aber nichts bewegen. Wir dürfen den Treibstoff aber nicht überbewerten, Kerosin macht einen Zweitakter nicht zur Rakete. Für mich bilden Konzeption (Strategie), Kreation (Content) und Promotion (Kommunikation) vielmehr einen harmonisch ausbalancierten Dreiklang. Und wie immer ist die Kette nur so stark wie das schwächste ihrer Glieder.

Seeding ist nicht gleich Outreach

Seeding ist ein Begriff, der im Kontext des Viralen Marketings Einzug gehalten hat. Das Bild dahinter ist folgendes: Man sät ein Kampagnenelement aus, sieht der Reichweite beim Wachsen zu und erntet hinterher die Früchte bspw. in Form einer höheren Markenbekanntheit. Das geht aber nur in den seltensten Fällen so auf, und die wenigsten Inbound-Marketing-Kampagnen sind überhaupt auf Viralität konzipiert. Wenn es aber weniger um Aussäen und späteres Ernten geht und Seeding somit der falsche Begriff ist, wie wollen wir den Treibstoff des Content- und Inbound-Marketings stattdessen nennen?

Im angloamerikanischen Sprachraum hat sich im Zusammenhang von Inbound- und Content-Marketing mittlerweile der Begriff „Outreach“ etabliert. Er beschreibt im Wesentlichen die Kontaktaufnahme zu potenziellen Multiplikatoren, die den Content bzw. einen Link dazu über ihre Kanäle veröffentlichen und weitertragen, und meint also das Schaffen von Reichweite durch Öffentlichkeitsarbeit, sprich Online-PR. Mir gefällt, wie anschaulich an dieser Stelle das Wesen von Inbound-Marketing als Querschnittsdisziplin wird.

Faktoren, von denen die Art des Outreachings abhängt:

1. Kampagnen-Ausprägung

Welche Ziele werden mit der Kampagne verfolgt? Erlauben zum Beispiel reine PR– oder Branding-Ziele unkommerziellere Kampagnenansätze, die sich besser kommunizieren und platzieren lassen? Lässt ein sehr vertriebsgetriebener Ansatz bestimmte Dialoggruppen und Linkerati von vornherein ausscheiden? Oder legen priorisierte SEO-Ziele den Fokus auf Links?

2. Funnel-Position

Wo innerhalb des Inbound-Marketing-Funnels setzt der zu kommunizierende Content an? Soll er unterhalten und Aufmerksamkeit auf ein Thema lenken? Oder zum Thema Suchende informieren und Leads generieren? Soll er aus Leads Interessenten machen? Oder Interessenten zu vertrieblich nutzbaren Leads qualifizieren?

3. Content-Typ

Die Art des Contents hat nicht nur Einfluss auf die Auswahl und Ansprache der Dialoggruppen, für viele Content-Typen gibt es auch spezifische Plattformen und Kanäle, die genutzt werden können. Eine Auswahl möglicher Content-Typen:

  • Ratgebertexte
  • Interviews
  • E-Books
  • Spiele
  • lustige, provozierende oder informative Grafiken
  • interaktive Infografiken
  • nützliche Online-Tools
  • unterhaltsame Wissens- oder Typentests
  • Videos und Screencasts
  • Hangouts on Air
  • Webinare
  • Podcasts
  • multimediale Microsites
  • Präsentationen
  • Whitepaper, Leitfäden, Studie

4. Media Budget

Klassischerweise setzen wir bei Inbound-Marketing-Kampagnen auf die unternehmenseigenen Kanäle (Owned Media) und die Bereitschaft anderer, auf unsere Contents zu verweisen (Earned Media). Häufig wird Content-Marketing bewusst als reines Earned-Media-Marketing eingesetzt. Steht hingegen Budget zum bezahlten Platzieren des Contents (Paid Media) zur Verfügung, können darüber hinaus interessante Reichweiten in hochwertigen Themenumfeldern gebucht werden. Für diese Form der bezahlten Verbreitung gibt es Plattformen und Anbieter wie efamous oder Outbrain. In diesem Beitrag werde ich mich aber auf Earned Media konzentrieren.

Gut geplant ist halb gewonnen

Wenn die Hausaufgaben gut gemacht wurden und in der Konzeptionsphase sowohl Linkerati als auch Interessenfelder mit Potenzial richtig identifiziert wurden, dann ist eine fokussierte Outreach-Kampagne relativ einfach umzusetzen – und Erfolg versprechend.

Jedes Thema verfügt über ein Ökosystem aus Experten und Meinungsführern, Interessengruppen und Vertretern konträrer Positionen sowie Medien und Multiplikatoren. Damit lässt sich spielen. Sowohl bei der Konzeption und Produktion von Kampagnen und Inhalten, als auch beim Outreaching. Dabei berücksichtigt eine gute Inbound-Marketing-Strategie das spätere Outreaching bereits in der Konzeptionsphase. Glaubwürdigkeit verleihende Experten und Multiplikatoren, die später bei der Verbreitung hilfreich seien können, werden identifiziert. Der Content wird so konzipiert, dass diese Personen in die Entstehung eingebunden werden.

Diese vielfältigen Chancen zu erkennen und zu nutzen, sehe ich als die Kür beim Inbound-Marketing.

Im operativen Outreaching gelingt dies durch eine individuelle Kommunikation, die auf den Seiten der bekannten Positionen zum Thema und innerhalb des Ökosystems spielt und im Rahmen längerfristiger Kampagnen ein differenziertes Beziehungsnetzwerk aufbaut. Dieser qualitative Aspekt wird umso erfolgskritischer, je weniger der Content aus der Menge verfügbarer Inhalte heraussticht. Wer Inbound-Marketing ernst nimmt, der wird also nicht nur jeden Kommunikationsanlass immer auch dazu nutzen, die Beziehung zu wichtigen Influencern und Multiplikatoren zu pflegen, sondern diese auch außerhalb der Kampagnen auszubauen. Im Idealfall sogar schon vorab, damit der erste Marketing-Kontakt auf möglichst fruchtbaren Boden fällt.

Um eine langfristige Zusammenarbeit zu etablieren, sollte man zudem auf ein Win-win-Verhältnis achten. Man sollte gute Antworten auf die Frage entwickeln, auf welche Weise der Adressat davon profitieren kann, dass er Inhalte von Ihnen teilt oder verlinkt. Erhält er die Information vielleicht ein paar Tage vorab und kann seinen Lesern somit einen Informationsvorsprung bieten? Oder stellt man ihm eine Sonderedition mit mehr beziehungsweise zielgruppenspezifischerem Inhalt zur Verfügung? Erhält er zusätzlich die Möglichkeit, etwas zu verlosen? Oder bietet man ihm eine Plattform, um sich als Experte profilieren zu können? An Möglichkeiten mangelt es nicht, wir dürfen kreativ sein!

Erfolgsfaktor Content Quality

Ein Beziehungsaufbau endet jedoch so schnell, wie er begonnen wurde, wenn die Qualität nicht stimmt. Wer einmal mit bestenfalls mittelmäßigem Content angesprochen wurde, der wird beim nächsten Mal nur noch mit viel Glück zuhören oder lesen, was der Absender zu sagen hat. Spätestens beim zweiten Mal kann der Absender seine Inbound-Marketing-Bemühungen einstellen, weil er das vorhandene Potenzial gründlich verdorben hat.

Die wichtigste Grundlage für funktionierende Outreach-Kampagnen bildet also guter Content. So stellt sich natürlich die Frage nach den Qualitätsfaktoren. Wir haben das bei Aufgesang so beantwortet, dass Content dann gut ist, wenn er wenigstens sechs der folgenden Kriterien erfüllt:

  •    Er passt zum Unternehmen
  •    Er ist relevant für die Zielgruppe
  •    Er ist hoch informativ und bietet echten Nutzwert
  •    Er ist emotionalisierend (negativ wie positiv)
  •    Er ist unterhaltsam
  •    Er wirkt identitätsstützend (Teilen dient dem Selbstmarketing des Teilenden)
  •    Er ist entlang des thematischen Ökosystems konzipiert
  •    Er ist gut recherchiert
  •    Er ist handwerklich professionell umgesetzt

Seeding- und Outreaching-Felder: Hier entsteht die Reichweite

© Serg Nvns - Fotolia.com

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Sind alle vorherigen Schritte erfolgreich abgeschlossen, kann mit dem operativen Outreaching die Kommunikation zur Platzierung des Contents beginnen. Der Spannungsbogen einer Inbound-Marketing-Kampagne erreicht jetzt seinen absoluten Höhepunkt. Noch während wir dem sorgfältig entwickelten Motor den Treibstoff zuführen, können wir anhand der ersten Resonanz abschätzen, wie viel Bewegung und Reichweite insgesamt zu erwarten sind.

Wie gesagt unterscheiden sich das Seeding und Outreaching je nach Content-Art, Kampagnen-Ausprägung und weiteren Faktoren. Demnach existiert keine Blaupause, kein pauschales Schema, nach dem die Kommunikation zur Content-Verbreitung abläuft. Die grundsätzlichen Kanäle, Methoden und Felder sind aber immer dieselben. Bei Aufgesang haben wir diese in vier Cluster unterteilt:

Die vier Outreaching- und Seeding-Cluster

1. Owned Media

  • Eigene Webseiten und Online-Properties wie Social Media
  • Produktverpackungen und POS-Material
  • Newsletter
  • Mailings usw.

2. Paid Media

  • Advertorials in Online-Medien
  • Medienkooperationen mit Online-Medien
  • Sponsored Posts und Shares
  • Facebook-Werbekampagnen
  • Aufnahme in Studien- oder Whitepaper-Datenbanken etablierter
    Fach-Online-Medien (Whitepaper-Marketing)
  • Integration in die „Weitere News“- oder „Ähnliche Artikel“-Bereiche von Online-Medien
  • Bannerkampagnen

3. Earned Media

  • Wettbewerbsanalyse
    Im Rahmen der Wettbewerbsanalyse identifizierte Websites, Blogs und Autoren (Google+-Profile), die auf Contents anderer Anbieter verlinken (Newsseiten, Fachportale, Online-Medien, Blogs, Foren, Communitys, Ratgeberplattformen usw.).
  • Linkquellenrecherche
    Z. B. mittels Linkbird Sitehunter ermittelte Websites, Blogs und Autoren, die für themenrelevante Suchbegriffe ranken.
  • Allgemeine Themenrecherche
    Autoren und Blogger, die zum Thema schreiben; Organisationen mit Sendungsbewusstsein zum Thema; Multiplikatoren und Influencer.
  • Medienverteiler
    Freie Journalisten, professionelle Blogger und Redaktionsmitglieder von Medien, die sich an zuvor identifizierte Content-Zielgruppen richten (vertikale Medien). Mittel der Ansprache: Pressemitteilung, Telefonate, Newsdienste.
  • Forced Virality
    Ein recht effektiver, aber nicht unumstrittener Sonderfall ist der Pay-with-a-tweet-Button, der Nutzern abverlangt, einen Link auf die Downloadseite über Twitter oder Facebook zu teilen, um den Content zu erhalten. Eine elegantere Form ist, den eigentlichen Content ohne Bedingung anzubieten, Tweets, Shares und Likes aber mit einem sinnvollen Add-On zu incentivieren, das einen hohen „Want“-Faktor hat.

4. Highjacked Media

Im Rahmen eines laufenden Medienmonitorings identifizierte themenbezogene News und redaktionelle Berichte, die mit Verweis auf den eigenen Content kommentiert werden. Ich habe diese Methode mit einigen Erweiterungen erstmals 2013 auf einem Kongress vorgestellt und „Agenda-Surfing“ getauft und etwas später im angloamerikanischen Raum auch unter dem Begriff „Newsjacking“ entdeckt.

Generell sollte sich der Outreaching-Aufwand an den formulierten Zielen der Inbound-Marketing-Kampagne orientieren und der Content-Qualität angemessen sein. Aktionsfelder gibt es genug, und jede Veröffentlichung, jeder Link und jeder Share mehr macht die Kampagne effizienter und steigert deren ROI. Wer hier am falschen Ende spart, wird keine Freude an Inbound-Marketing oder Content-Marketing entwickeln.

Als Faustregel kann gelten, in das Outreaching und Seeding von Content wenigstens den gleichen Aufwand zu investieren wie in dessen Produktion.

Zu Ulf-Hendrik Schrader

Ulf-Hendrik Schrader ist Gesamtgeschäftsführer der hannoverschen Aufgesang Agenturgruppe. Zu dieser zählt neben einer Spezialagentur für High-End-Suchmaschinenmarketing eine der großen PR-Agenturen Niedersachsens. Schrader ist seit 23 Jahren im Medienbereich tätig. Der Autor zahlreicher Fachartikel und Studien ist zudem Mitveranstalter des Convention Camps, der größten Internet-Unkonferenz Deutschlands, sowie Mitinitiator des Online-Stammtischs Hannover.

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