Ich betreibe seit 2009 einen Online-Marketing-Blog für Fortgeschrittene zu den Themen SEO, Content–Marketing und Online-Marketing. Ich habe seitdem dort hunderte von Blogbeiträgen veröffentlicht. Warum ich heute die Priorität nicht mehr auf einen Blog legen würde will ich mit Euch teilen.
„Du musst als Unternehmen oder Selbstständiger einen Blog haben“
Vor 10 Jahren war ein Blog das Must-Have, um erfolgreiches Content-Marketing und SEO zu betreiben. Doch ist das immer noch so?
Natürlich lässt sich diese Frage wie viele anderen Marketing-Fragen nicht pauschal beantworten, da Zielgruppen und Branchen zu unterschiedlich sind. Pauschal würde ich aber behaupten wollen, dass Blogs im Durchschnitt an Bedeutung verloren haben.
Warum ist das so? Aber zuerst eine noch wichtigere Frage…
Inhaltsverzeichnis
Warum publiziert man Content?
Die Frage nach dem „Warum?“ ist auch hier zu Beginn zu stellen. Wenn man diese Frage in Bezug auf Content-Marketing nicht beantworten kann, lässt man es am besten gleich bleiben. Und nein! Die Antwort: „Wir müssen Content Marketing machen!“ kann nicht die Antwort sein.
Wir müssen jede Woche einen Blogbeitrag veröffentlichen.
So oder so ähnlich lautet die Zielvorgabe bzw. Aufgabenbeschreibung von vielen Unternehmen für Ihre Content-Verantwortlichen. Eine solche Vorgabe mündet zwangsläufig, wie ich es gerne nenne, im Content-Marketing-Aktivismus.
Erstens ist dies kein Unternehmensziel und zweitens spielt die Frequenz, wie häufig man Content veröffentlicht, nur in bestimmten Kontexten eine Rolle. Und bei einem Blog nicht. Bei Social Media schon eher, obwohl Qualität immer Frequenz schlagen sollte.
Was sind die mittelfristigen und langfristigen Ziele, die man erreichen will und welche taktischen Ziele sind auf dem Weg dahin maßgeblich.

Übersicht: Ziele im Content Marketing
Welche Content-Arten sind relevant für die Zielgruppen?
Zudem sollte man sich überlegen, ob Blogbeiträge die richtige Content-Art sind, um die Ziele zu erreichen. Es gibt so viele verschiedene Content-Arten, die in einem Blog-Kontext nicht sinnvoll sind und eher in anderen Website-Bereichen oder Kanälen distribuiert werden sollten. Und wie immer entscheidet die Zielgruppe welche Art von Content und wo sie diesen konsumieren will. Im Sinne der Nutzerzentrierung gilt das zu beachten.

Übersicht Content-Arten
Die Struktur eines Blogs ist nicht für alle Website-Inhalte sinnvoll
Bei vielen Unternehmern wirkt der Blog wie eine Resterampe von Inhalte. Dort wird alles abgeladen, was man in der bestehenden Navigations- und Informationsstruktur der Website nicht anders zu verorten weiss.
Blogs sind ursprünglich als eine Art Tagebuch gedacht gewesen und haben eine dementsprechende Struktur. Man sollte sich immer bewusst sein, dass bei einem Blog ältere Inhalte immer weiter hinten im Archiv verschwinden und meistens dadurch irgendwann im Nirvana verschwinden, wenn man sie nicht aktiv immer wieder distribuiert bzw. internen oder externen Links versorgt.
Content, der lange haltbar ist auch „Evergreen Content“ genannt sollte in anderen Website-Bereichen aufgehängt sein, in das Veröffentlichungsdatum keine große Rolle spielt, wie z.B. einem Glossar, Tutorial-Sammlung …
Auch aus SEO-Sicht macht ein Blog aus den genannten Punkten nur wenig Sinn. Es gibt keinen sinnvollen Grund Content, der ranken soll in einem Blog zu veröffentlichen.
Man sollte sich genau überlegen ob es sich um eine Unternehmens-Meldung, einen angebotsorientierten Inhalt, eine Anleitung … handelt und überlegen in welcher Customer- Journey-Phase ein Nutzer sich befindet, der diesen Inhalt konsumiert. Hier macht ggf. auch eine Content-Attribuierung Sinn.
U.a. der Nutzen für den Konsumenten des Contents und die Customer-Journey-Phase, in der er sich gerade befindet ist ausschlaggebend für den Ort, an dem man einen Content veröffentlicht. Demnach sollte man die Inhalte in sinnvolle Bereiche der Website verorten und/oder an andere Kanäle wie z.B. Social Media in Betracht ziehen.

Content-Verortung entlang der Customer-Journey
Grundsätzlich ist die Beantwortung der Frage warum man ein Content-Stück schaffen will entscheidend dafür wo ich diesen veröffentlichen will. Das gilt zum einen für die Verortung des Contents auf der Website, aber auch für alle weiteren Kanäle wie z.B. Social Media.
Soziale Netzwerke sind wichtigster Gatekeeper für Content
Soziale Netzwerke haben sich zu den wichtigsten Gatekeepern und damit Distributionskanälen im Content-Marketing entwickelt.
Wo informieren sich Marketer?
Das zeigt auch eine kleine Umfrage, die ich bei Linkedin, Twitter und der Website gemacht habe. An der Umfrage haben über 500 Personen mit Marketingbezug teilgenommen.*

*18 Stimmen (Agentur-Kollegen:innen), 321 Stimmen (Website), 181 Stimmen (Social Media bzw. Linkedin & Twitter)
Diese These wird durch zahlreiche Studien anderer Quellen bestätigt. So nutzen laut Statista fast genauso viele Menschen Social Media und Youtube zur Informationsbeschaffung wie Suchmaschinen. Auch eine 2022 auch von Statista veröffentlichte Studie zeigt, dass Social Media als Content-Plattform inzwischen genauso wichtig ist wie Website Content:
Das bringt einige grundsätzliche Veränderungen mit sich.
Die Algorithmen der sozialen Netzwerke funktionieren anders als die von Suchmaschinen. Während Suchmaschinen die Relevanz von Content in erster Linie anhand vom Inhalt selbst bestimmen spielen bei sozialen Netzwerken die Interaktionsraten in Form von Kommentaren, Likes, Shares … die größte Rolle. Dementsprechend wird die Reichweite, die ein Beitrag bekommt, bestimmt.
Nach meiner Erfahrung eignen sich soziale Netzwerke nur bedingt dafür Aufmerksamkeit bzw. Traffic für externe Inhalte zu generieren. Die Nutzer wollen in den meisten Fällen beim scrollen durch den sozialen Feed schnell konsumierbare Inhalte und investieren maximal 1-2 Minuten in einen Social Content. Ein Klick auf einen externen Link würde sie aus diesem Prozess und Bedürfnis herausholen, weswegen in den meisten Fällen ein Klick auf den Link nicht getätigt wird.
Das zeigt auch eine Untersuchung von Growthbagger zu den Traffic-Quellen von Website. Social Media spielt trotz der intensiven weltweiten Nutzung nur eine kleine Rolle als Traffic-Lieferant für Websites.
Sprich in sozialen Netzwerken funktionieren bestimmte Formate wie Bilder, kurze Videos und kurze Texte besser als tiefergehende Inhalte.
Andere Formate werden mit weniger Interaktion und damit weniger Aufmerksamkeit bzw. Reichweite bestraft.
Konsumverhalten von Content hat sich verändert
Das generelle Content-Konsumverhalten von Nutzern entwickelt sich in Richtung Video- und Audio. So hat sich laut Statista der Konsum von Online-Videos in Deutschland seit 2016 mehr als verdoppelt.
Auch der Konsum von Audio-Formaten wie Podcasts hat sich in Deutschland laut Podigee in den letzten 5 Jahren vervielfacht.
Auch neuere Social-Media-Plattformen, die auf die Bereitstellung von kurzen Video-Formaten ausgerichtet sind wie Tik Tok erfreuen sich großer Beliebtheit. (Statistik von App Annie)
Dieses geänderte Konsumverhalten fordert Opfer und zwar bei TV und Text-Content wie z.B. Blogs.
Das ist ein Grund warum viele Unternehmen laut der Content Marketing Studie von statista aus dem Jahr 2022 immer mehr Unternehmen in Audio- und Video Content investieren wollen:
In dieser Studie zeigt sich auch, dass speziell Blogs nicht mehr die wichtigste Plattform für Content zu sein scheinen.
Fazit: Der Blog als Allzweckwaffe im Content-Marketing hat ausgedient
Ich hoffe meine Gedanken zu diesem Thema konnte ich für Dich verständlich zusammenfassen. Ich möchte nicht sagen, dass ein Unternehmensblog zukünftig keinen Sinn mehr macht. Wenn Deine Zielgruppen weiterhin längeren Text-Content konsumiert und auch Zeit neben Social Media, Podcasts und Videos hier investiert macht ein Blog als Teil einer ganzheitlichen Content-Marketing-Strategie Sinn. Aber die proklamierte Allzweckwaffe wie noch vor 10 Jahren ist ein Blog mit Sicherheit nicht mehr.
Hier unsere Content Kompass Folge zu dem Thema:
Hier die Folien zu meinem Beitrag beim Digital Bash 2022:
- Googles Weg zur semantischen Suchmaschine - 29. Juni 2023
- Digital Authority Management: Eine neue Disziplin in Zeiten von SGE & E-E-A-T - 29. Juni 2023
- SEO-Aufgaben: Was macht ein SEO-Manager (m/w/d)? - 19. Juni 2023
- 20+ Faktoren für eine E-E-A-T-Bewertung durch Google - 7. Juni 2023
- Die Rolle von Content-Arten und -Formaten in der Customer Journey - 1. Juni 2023